Leipziger Volkszeitung vom 23. August 2005

"Übles Nachtreten"

Leipzig. "Der Vorgang ist lächerlich und kostet dem Steuerzahler nur unnötig Geld." Andreas Meschkat, Anwalt von Ex-bfb-Chef Matthias von Hermanni, fand gestern deutliche Worte. Nach Einstellung des langwierigen Strafverfahrens gegen seinen Mandanten, dem einstigen Leiter des Leipziger Betriebs für Beschäftigungsförderung (wir berichteten), habe die Leipziger Staatanwaltschaft jetzt Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des Landgerichts Chemnitz eingelegt.

"Da mimt jemand den schlechten Verlierer", sagte Meschkat dieser Zeitung.

Laut Chemnitzer Richter hat die Staatskasse die Kosten des Verfahrens zu tragen. Hermanni stehe zu-dem Entschädigung für die erlitte-ne Untersuchungshaft Ende 1999 zu.

Ein Sprecher der Leipziger Staatsanwaltschaft bestätigte gestern dieser Zeitung, dass gegen die Kostenentscheidung sofortige Beschwerde eingelegt worden ist, "weil ein gesetzlicher Ausschließungsgrund" vorliege. Dies bezieht sich auf die U-Haft, so der Sprecher, der keine näheren Angaben machen wollte. In einem früheren Schreiben an die Chemnitzer Richter heißt es, dass Hermanni durch sein grob fahrlässiges Verhalten zum Vollzug des Haftbefehls beigetragen habe. Hermannis Anwalt sieht in der Beschwerde ein übles Nachtreten. Die Leipziger Staatanwaltschaft wolle suggerieren, "mein Mandant hat selbst Schuld, dass alles so gekommen ist", sagte er.

"Wenn man bedenkt, was die Anklage alles gegen Hermanni aufgefahren hat: 74 Anklagepunkte, Betrug, Untreue, Schaden in Höhe von mehreren hundert Tausend Euro, Untersuchungshaft, sechs Jahre raus aus dem Beruf, Sitzungsmarathon - am Ende bleiben 60 Euro, die er angeblich veruntreut haben soll. Und dann soll er nicht einmal ausreichend entschädigt werden." Die Gründe für einen Haftbefehl 1999 basierten auf einem falschen Ermittlungsergebnis, "das durch grob fahrlässiges Verhalten der Staatsanwaltschaft herbei geführt worden ist", so Meschkat. Und nachdem ein vom Staatsanwalt vorgelegtes kopiertes Schreiben sich eindeutig als Fälschung erwiesen habe, seien andere Gründe gesucht und gefunden worden, nur um ihn festnehmen zu können. Hermanni habe deshalb vollen Anspruch auf Entschädigung.

Vom Dienst suspendiert, hat er zwar 70 Prozent seines Gehalts weiter erhalten. Nachzahlungsforderungen könnten sich jetzt auf rund 100 000 Euro belaufen. Hermanni zahle letztlich aber dennoch drauf. Gesetzlich stünden ihm etwa knapp 30F000 Euro Verteidigerkosten zu nach der Anwaltsgebührenordnung. Da sämtliche Strafverteidiger in solchen Verfahren nach Honorar arbeiten, dürften die tatsächlichen Kosten etwa 100 000 Euro betragen.

Jetzt muss das Oberlandesgericht in Dresden entscheiden.

Andreas Dunte