Leipziger Volkszeitung vom 21. Dezember 2002

Bewährungsstrafe für Ex-bfb-Chef


Leipzig. "Erfreulich deutliche Worte" habe das Gericht gefunden. Er fühle sich jedenfalls bestätigt, sagte Thomas Gast, Staatsanwalt und Ermittler im Fall Matthias von Hermanni. Zu einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung verurteilte die 11. Wirtschaftsstrafkammer den Ex-Chef des Leipziger Betriebes für Beschäftigungsförderung (bfb) gestern. Hermanni sei der Untreue in sieben Fällen überführt. Und Richter Karsten Nickel legte dem Verurteilten noch einige Bewährungsstrafen oben auf: 40.000 Euro für eine Behinderteneinrichtung plus 100 Stunden gemeinnützige Arbeit. Der Beamtenstatus sei Hermanni mit dem Urteil ohnehin aberkannt.


Ein Ende der Auseinandersetzung ist aber nicht in Sicht. Hermannis Anwalt Andreas Meschkat legte Revision ein. "Das war der Hammer", sagte er. Die Urteilsbegründung sei an den Haaren herbeigezogen worden. Und auch Staatsanwalt Gast machte deutlich, dass er in Richtung Revision "Überlegungen" anstelle.


Kein Wunder, hatte die Anklage doch vier Jahre Haft gefordert, weil Hermanni von seinem Geschäftspartner Jürgen Sobiak Baumaschinen zu teuer eingekauft haben soll. Als Gegenleistung habe dieser am Privathaus unentgeltlich gearbeitet.


Beweise für Letzteres gebe es nicht, so der Richter. Sobiak verließ deshalb den Gerichtssaal als freier Mann. Von dem Vorwurf des Betrugs und der Bestechlichkeit sprach das Gericht auch Hermanni frei. Anhaltspunkte habe es zwar gegeben. Aber: "Im Zweifel für den Angeklagten", so Nickel.


Bleibt Untreue: Der bfb habe überhöhte Preise für Baumaschinen gezahlt, weitere Angebote seien nicht eingeholt worden, lautete die Urteilsbegründung. Der 48-Jährige habe gegen seine Pflicht verstoßen. "Als erfahrener Geschäftsmann" hätte er diese kennen müssen, so der Jurist. Wegen der überteuerten Mieten sei der Kommune ein Schaden von 360.000 Euro entstanden. Die Staatsanwaltschaft hatte diesen mit 600 000 Euro angegeben. Von insgesamt 74 Anklagepunkten erkannte das Gericht letztlich sieben als erwiesen an.


Ausführlich widmete sich der Richter dem von Hermanni immer wieder vorgebrachten Vorwurf, dies sei ein politischer Prozess. Nickel: "Das ist völlig abwegig." Ermittelt worden sei ausschließlich aufgrund einer Anzeige aus dem Umfeld Sobiaks. Erstaunlicherweise sprach er aber zugleich von einen möglichen Subventionsbetrug beim bfb. So kritisierte er, dass vom Arbeits- und Sozialamt finanzierte Kräfte gemeinsam mit Firmen der freien Wirtschaft Projekte angegangen seien.


Hermanni wertete dies als "ungeheuerlich". "Damit stellt das Gericht die gesamte Beschäftigungspolitik der Stadt Leipzig an den Pranger." Für ihn ein neuerliches Indiz für einen "Schau-Prozess" gegen den deutschlandweit einst größten Beschäftigungsbetrieb, der in Kürze geschlossen werden soll. Nickel: Ohne die Gewinne, die der bfb, etwa aus dem Verkauf von Betonschotter, erzielt habe, wäre er schon früher am Ende gewesen.

Andreas Dunte