Hickhack um Beweismittel im Fall Hermanni
        
        Für Ermittler bleibt Herkunft eines Belastungsdokuments unklar 
        / Keine Reaktion der Staatsanwaltschaft 
        Leipzig. 
          Nunmehr schon der zwölfte Verhandlungstag im Fall Matthias von 
          Hermanni, aber es gibt immer noch Überraschungen: Ausgerechnet 
          über das wichtigste Beweismaterial gegen den angeklagten Ex-Chef 
          des Leipziger Betriebs für Beschäftigungsförderung (bfb) 
          wissen die Ermittler herzlich wenig. Bis heute sei nicht klar, wer das 
          Dokument "Hallo Jürgen" verfasst habe, sagte gestern 
          der ermittelnde Kriminalhauptkommissar des Landeskriminalamtes Sachsen 
          (LKA) und verblüffte im Landgericht Zuhörer wie Verteidigung 
          gleichermaßen.
          
          Aus dem Schreiben gehe hervor, dass Hermanni und dessen damaliger Gechäftspartner 
          Jürgen Sobiak aus Hannover gemauschelt haben. Darin wurde verabredet, 
          dass gezahlte Gelder für Baumaschinen, die zum Zeitpunkt gar nicht 
          im bfb waren, jeweils zur Hälfte aufgeteilt werden. Das Papier 
          sei in den Unterlagen Sobiaks gefunden worden.
          
          "Auf Grund eines Schreibens, das nur in Kopie vorliegt und dessen 
          Echtheit mehr als zweifelhaft ist, sind Hausdurchsuchungen und Haftbefehle 
          erlassen worden", ereiferte sich Hermannis Verteidiger Andreas 
          Meschkat. "Und jetzt ist obendrein nicht einmal klar, wer das verfasst 
          hat." Damit diskreditiere der LKA-Chefermittler die Staatsanwaltschaft. 
          Denn diese habe mit dem Schreiben den Haftrichter vom dringenden Tatverdacht 
          überzeugt, so der Anwalt. "Überzeugt mit einer Fälschung."
          
          Ebenso sei damals eine Verdunklungsgefahr herbeigeredet worden. Mal 
          habe das LKA Akten nicht wahrgenommen, obwohl Hermanni sie den Beamten 
          zur Mitnahme angeboten hatte. Dann wurden diese Akten doch gebraucht. 
          "Und weil sie nicht gleich gefunden wurden, gab es Hausdurchsuchungen", 
          so der Anwalt.
          
          Eine Reaktion von Staatsanwaltschaft oder Gericht gab es dazu gestern 
          nicht. Bisherige Anträge auf Aufhebung des vor über zwei Jahren 
          verhängten Haftbefehls, der auf Kaution außer Kraft gesetzt 
          worden ist, wies der Vorsitzende Richter Karsten Nickel bislang mit 
          dem Hinweis ab, dass noch Zeugen gehört werden müssen. Es 
          sei weiter dringender Tatverdacht gegeben so wie auch weiter Flucht- 
          und Verdunklungsgefahr bestehe, so Nickel.
          
          Alle bislang vernommenen Zeugen hatten ausgesagt, dass es keinen Schaden 
          gibt und dass niemand getäuscht worden sei. Die Staatsanwaltschaft 
          wirft dem bfb-Chef Untreue, Betrug und Bestechlichkeit vor. Insgesamt 
          sei ein Schaden von knapp einer Millionen Euro entstanden.
          
          "Es wird immer deutlicher, dass hier ein Fall konstruiert worden 
          ist", sagte gestern Anwalt Meschkat. Ein Ende des Prozesses sei 
          aber nicht abzusehen. Beobachter gehen davon aus, dass allein die Vernehmung 
          des Hauptkommissars vom LKA sich über mehrere Verhandlungstage 
          hinziehen könnte.
          
          
          Andreas Dunte