Spannender Prozess gegen Ex-Chef des bfb erwartet
        Hermanni sieht Verhandlungen gelassen entgegen 
        Leipzig. 
          "Ich werde obsiegen und wie Phoenix aus der Asche aufsteigen." 
          Matthias von Hermanni, einst Chef des mitarbeiterstärksten Betriebes 
          in Sachsen, sieht dem Prozess gegen ihn, der am Donnerstag beginnt, 
          mit der überlegenen Gelassenheit entgegen, mit der er sich in früheren 
          Zeiten nicht nur Freunde gemacht hat. "Ja, ich sehne den Prozess 
          sogar herbei, damit der Spuk endlich ein Ende hat", fügt der 
          ehemalige Chef des Leipziger Betriebes für Beschäftigungsförderung 
          (bfb) aber zugleich mit gesenkter Stimme an. Die knapp zwei Jahre Ermittlungszeit 
          haben ihre Spuren hinterlassen. Nach seiner Verhaftung im November 1999 
          war Hermanni auf Kaution in Höhe von 250 000 DM zumeist von Mitarbeitern 
          gesammeltes Geld unter Auflagen freigelassen worden.
          
          Hermanni soll mit seinem ehemaligen Geschäftskollegen Jürgen 
          Sobiak aus Hannover gemeinsame Sache bei der Vermietung von Baumaschinen 
          gemacht haben. Der durch Betrug und Untreue entstandene Schaden belaufe 
          sich auf 1,4 Millionen DM, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Insgesamt 
          sind 23 Verhandlungstage anberaumt, erklärt ein Sprecher des Landgerichts 
          Leipzig. Auf der Anklagebank sitzen drei weitere damalige Beschäftigte 
          des bfb, die Hermanni bei den vermeintlichen Mauscheleien unterstützt 
          haben sollen, sowie Sobiak.
          
          Der Prozess dürfte spannend werden. Während die Staatsanwaltschaft 
          bislang keine näheren Aussagen zum Fall gemacht hat, geht Hermanni 
          davon aus, dass sich die Anklage weitestgehend auf die Aussagen Sobiaks 
          stützt. Und der würde lügen wie gedruckt, "um sich 
          aus der Schlinge der Steuerfahnder zu ziehen".
          
          Immer wieder hatte der Ex-bfb-Chef in der Vergangenheit versucht, die 
          Glaubwürdigkeit Sobiaks in Abrede zu stellen, fand aber bei der 
          Staatsanwaltschaft kein Gehör. Sobiak habe zum damaligen Zeitpunkt 
          in erheblichen Schwierigkeiten mit dem Finanzamt gesteckt. Die Unterlagen, 
          so Hermanni, auf deren Grundlage die Staatsanwaltschaft gegen ihn vorgehe, 
          seien von Sobiak gefälscht und hätten nur zur Rechtfertigung 
          von Steuertricks gedient. Die Staatsanwaltschaft bei ihr ist ein Hrmanni 
          angeblich entlastender Ordner abhanden gekommen kommentierte dies in 
          der Vergangenheit stets mit den Worten: "Alles Quatsch." Die 
          Beweise seien eindeutig.
          
          Mit Demos und Aufmärschen der bfb-Mannschaft wie einst aus Protest 
          gegen die Verhaftung Hermannis, die den Verkehr in Leipzigs Innenstadt 
          lahm gelegt hatten, ist nicht zu rechnen. Auch Protestkundgebungen, 
          bei denen Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee (SPD) den Erhalt 
          des Beschäftigungsbetriebes zusichern musste, um die aufgebrachten 
          "Gummistiefelbrigaden"Êzu beruhigen, sind nicht zu erwarten. 
          Binnen zweier Jahre hat sich auch die Welt beim bfb, dem einstigen ABM-Vorzeigeunternehmen 
          in Deutschland geändert. Der Betrieb, der wegen seiner Größe 
          (im Wahljahr 1998 über 8000 Mitarbeiter) vor allem beim Handwerk 
          stark in der Kritik stand, erregt zwar noch immer die Gemüter und 
          die Politik in Leipzig. Jetzt allerdings aus Sorge, er könnte bald 
          bis zur Unkenntlichkeit geschrumpft sein, während die Arbeitslosigkeit 
          in der Messestadt mit über 17 Prozent weiter auf hohem Niveau verharrt. 
          Zur Zeit schwanken die Angaben zur Betriebsgrößte zwischen 
          3500 und 4200 Beschäftigte.
          
          Die Finanznöte, die die Stadt zur Zahlung eines Rettungs-Darlehens 
          in Höhe von 15 Millionen DM veranlasst haben, sind zum Teil hausgemacht. 
          So klagten sich viele der ungerechtfertigt gekündigten Mitarbeiter 
          wieder ins Unternehmen ein. Zum Teil laufen die kostspieligen Arbeitsprozesse 
          noch.
          
          Andreas Dunte