Matthias von Hermanni                                                                                 14. Mai 2002

 

 

 

 

 

 

An das

Landgericht Leipzig

11. Strafkammer

 

Generalstaatsanwaltschaft Sachsen z.K. per FAX

 

 

 

 

Mitteilung an das Gericht

 

Seit Jahren weise ich darauf hin, dass ich in den Jahren 1994 bis 1996, wenn ich Auskünfte über den Kostenstand GNO haben wollte, neben dem Zugriff auf die sog. „Naumann - Unterlagen“ mir der Zeuge Wilke den Kostenstand immer fernmündlich fast taggenau mitgeteilt hat. Der WEP Mitarbeiter Wilke muss daher zum damaligen Zeitpunkt auf seinem Arbeitsplatz Übersichten geführt haben. Der Zeuge Wilke hat dies bereits im November 1999 in seiner damaligen Zeugenaussage mittelbar ausgeführt.

 

Ich führe daher seit dem ersten Tag der Akteneinsichten mit meinem Rechtsanwalt Herrn Meschkat die Diskussion über diese Unterlagen, wobei ich ihm keine Hinweise geben konnte wie diese Übersichten aussehen, da ich mit Herrn Wilke hierüber immer nur telefoniert habe.

 

Eine eigene Akteneinsicht steht mir immer noch nicht zu. Den Richtern und Schöffen des Landgerichtes Leipzig ist der Streit um die nicht korrekte Akteneinsicht bekannt. Sie wissen, dass die sächsische Justiz hier immer noch mehr oder weniger einheitlich rechtsstaatliche Auffassungen aus vergangenen Jahrhunderten vertritt und gegen die Beschlüsse des Europäischen Menschgerichtshofes verstößt. Das Kopieren aller Unterlagen ist aus Kostengründen einfach nicht möglich.

 

Zur Vorbereitung des Verhandlungstages am 7. Mai 2002 war mir ein Schreiben der LESG aufgefallen, die Akten zurückforderte. Eine Akte war hier bezeichnet mit

 

1 Aktenordner ELBA RADO mit der Aufschrift ABM Allg. Schriftverkehr Protokolle Kostenplan Kostenübersicht (Mappe 2).

 

Eine entsprechende Akte war mir nicht bekannt.

 

Ich prüfte daraufhin Beschlagnahmungsakten und -protokolle sowie die Anlage zur Anklageschrift. Nirgendwo war diese Akte aufgeführt.

 

Ich unterrichtete Herrn RA Meschkat, mit der Bitte erneut Akteneinsicht zu nehmen.

 

Herr Meschkat sagte dies zu und teilte mir am Montag, den 6. Mai 2002 mit, er habe mit Frau Schumann gesprochen. Er könne morgen früh, unmittelbar vor Prozessbeginn sich die Akten anschauen. Es handele sich bei diesen Akten vermutlich um die Akten, die in der Anlage zur Anklageschrift mit „WEP 3.12.99“ oder „WEP 6.1.2000“ bezeichnet seien. Ferner erklärte Frau Schumann, dass dem Gericht die Umwidmung der Akten auch bereits aufgefallen sei.

 

Am 7. Mai 2002 während der ZV Till und Wilke habe ich als Angeklagter dann zum ersten mal diese Dokumente gesehen, mit denen Herr Wilke mit rotem Stift die Brecherrechnungen der Monate Jan bis April 1994 - wahrscheinlich sogar vor Überweisung der Rechnungen - in die Kostenplanung der WEP einarbeitet.

 

Ich halte hiermit zur Beweissicherung für den gegenwärtigen und alle künftigen Prozesse folgendes fest.

 

o       Am 3. Dezember 1999 hat die WEP nach der Sitzung der Geschäftführer und Prüfung der Archive Unterlagen zusammengestellt und der StA bzw. dem LKA ausgehändigt. Diese Unterlagen waren ordnungsgemäß - auch den Inhalt erkennend - bezeichnet.

 

o       In diesem Ordner befanden und befinden sich Dokumente die beweisen, dass WEP unterrichtet war. Diese Dokumente sind durch ihre roten Eintragungen so offensichtlich auffällig, dass sie von dem StA GL Gast zu keinem Zeitpunkt übersehen werden konnten.

 

o       Am 3. Dez. 1999 unterrichtet KHK Hochberg den StA GL Gast fernmündlich vorab und durch einen Vermerk von seinem Gespräch mit Dr. Koppe. Zur eigenen Absicherung wird KHK Hochberg später den Gerichtsakten den Vermerk beifügen, der auch das Faxprotokoll trägt. Auch ihm war der Inhalt und die Situation bewusst.

 

o       Am 14. Dezember 1999 bestätigte der Geschäftsführer Dr. Koppe bei seiner ZV unter ausdrücklichem Hinweis auf die übergebenden Akten dass die WEP informiert war.

 

o       Am 7. Mai 2002 führte StA GL Gast das Dokument bei der jeweils dritten Zeugenvernahme der Zeugen Till bzw. Wilke mit dem Hinweis „aus den staatsanwaltschaftlichen Handakten“ erstmals ein.

 

Oder anders ausgedrückt, zwei Jahre und fünf Monate nach Kenntnisnahme durch den StA GL Gast versucht sich nun die Staatsanwaltschaft Leipzig als der „brutalst mögliche Aufklärer“ darzustellen.

 

 

 

 

 

 

Matthias von Hermanni