Brief an den Generalstaatsanwalt Dr. Schwalm

Hohenroda, den 5. Juli 2002

Matthias von Hermanni Hohenroda, den 11. Juli 2002
Dorfstrasse 8
04509 Hohenroda

An die
Generalstaatsanwaltschaft
des Landes Sachsen
Herrn Dr. Schwalm per FAX

Kopien an:
11. Strafkammer Landgericht Leipzig
RA Meschkat, Schurig
AK Junger Juristen

Betr.: Staatsanwaltschaft Leipzig und ihren Hilfsbeamten


Sehr geehrter Herr Dr. Schwalm,

mit Schreiben vom 28. Januar 2002 beantragte die Staatsanwaltschaft Leipzig

"die Fertigung von Mitschriften ... durch Zuhörer zu untersagen und dies durch Einlasskontrollen sicherzustellen.
Durch die Mitschriften von Zeugenaussagen im Zuschauerraum und anschließende Veröffentlichung im Internet besteht die Gefahr, dass noch nicht vernommene Zeugen in ihrem Aussageverhalten beeinflusst werden."


Das Landgericht hat sich dem Antrag der Staatsanwaltschaft in wesentlichen Teilen angeschlossen und das Mitschreiben nur den namentlich benannten Personen gestattet.
LKA Beamte waren nicht darunter.

Am 8. Juli 2002 wurde nun der Zeuge KHK Warmuth vom LKA Sachsen durch das Landgericht geladen und vernommen. Die Person war sofort dem Gericht wie auch allen anderen Prozessbeteiligten von Angesicht gut bekannt, befand sich doch der Zeuge seit Prozeßbeginn über zwanzigmal bei den Verhandlungen.

Auf Nachfrage bestätigte der Zeuge, dass er der Prozessbeobachter des LKA sei und auf Nachfrage, ob weitere Prozessbeobachter heute anwesend seien, bestätigte er dies in dem er gleich zwei weibliche Personen im Zuschauerraum sitzend als Prozessbeobachter enttarnte. Ferner bestätigte er, dass er Berichte für seinen Vorgesetzten über den Prozessverlauf regelmäßig verfasst habe.

Wie der Sächsischen Zeitung vom 5. Juli 2002 zu entnehmen ist, hat ein Spitzenbeamter des LKA dem Redakteur mitgeteilt, dass man den Prozess "auswerte" um die LKA Beamten zu schützen.

Die Vernehmungen der LKA Beamten zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass die Beamten, obwohl die Vorgänge nur wenige Jahre zurück liegen, auch auf schlichteste Fragen sehr häufig stereotyp mit dem Satz antworten, "dass ist mir nicht erinnerlich". Es drängt sich der Gedanke auf, dass die jeweiligen Beamten mit den Berichten der Prozessbeobachter ausgestattet, entsprechend auf ihre Zeugenaussagen vorbereitet und geschult werden. Zunächst ist festzuhalten, dass zu einem Zeitpunkt, zu dem die Staatsanwaltschaft Leipzig sich ereifert, dass durch Mitschriften der Verteidigung eine Zeugenbeeinflussung vorgenommen werden könne, Ihre eigenen Hilfsbeamten jedoch bereits monatelang Mitschriften und Berichte gefertigt haben und sie statt schlicht die Wahrheit vor Gericht auszusagen, auf ihre Zeugenaussagen vorbereitet werden.

Aus gegebener Veranlassung bitte ich Sie daher, nunmehr sicherzustellen, dass diese Form der Vorbereitung unterbleibt und dass dem Gericht, sowie der Verteidigung, diese LKA Berichte übergeben werden.Mit freundlichen Grüßen


Matthias von Hermanni




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