Leipziger Volkszeitung vom 23. Mai 2006

Gerangel um Struktur der Arbeitslosen

Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) geht davon aus, dass sich die Zahl der Leipziger Langzeitarbeitslosen mittelfristig auf 30 000 bis 35 000 Menschen einpendeln wird und damit auf die Stadt beträchtliche Kosten zukommen. Dies hat er in der vergangenen Woche in Reden erklärt.
Ein internes Papier wird deutlicher. Unter der Überschrift „Gegensteuerung/ Eindämmung von Belastungen aus Hartz IV“ listet das Sozialamt der Stadt auf, dass sich die Zahl der Arbeitslosen noch erhöhen könnte. In einem Worst-Case-Szenario – also der denkbar schlechtesten Entwicklung – wären im nächsten Jahr 53 000 Messestädter arbeitslos und bis zum Jahr 2009 kämen jeweils weitere 1000 hinzu.
Hanjo Lucassen, DGB-Chef von Sachsen, erwartet außerdem Veränderungen in der Struktur der Arbeitslosen: Der Anteil der Langszeitarbeitslosen – also derjenigen, die mehr als ein Jahr lang keinen Job haben – werde in der nächsten Zeit deutlich zunehmen, prophezeit er. Bislang würden rund 40 Prozent aller sächsischen Jobsuchenden als Langzeitarbeitslose eingestuft, künftig werde dieser Anteil bis auf 70 Prozent steigen, befürchtet der DGB-Boss. In Leipzig ist diese Zahl bereits erreicht.
Andere Experten sehen dies ähnlich und begründen das nicht nur mit der schlechten Arbeitsmarktlage, sondern auch damit, dass Langzeitarbeitslose bei der Vergabe neuer Stellen immer schlechtere Chancen haben. Zunehmend mehr Arbeitgeber würden Wert darauf legen, dass ihre Bewerber nicht allzu lange dem Arbeitsprozess entwöhnt waren, heißt es.
Auch Jung spricht sich für „die Entwicklung wirksamer Arbeitsmarktprogramme“ aus. In der Monatsschrift „Sachsenlandkurier“ – einem Fachblatt des Sächsischen Städte- und Gemeindetags – konstatierte er in der vergangenen Woche, dass es in Leipzig dafür nur „erste Ansätze“ gebe. „Große Würfe gelangen nicht“, schreibt er rückblickend in dem Blatt. Mit Blick auf das beschränkte Eingliederungsbudget für das Jahr 2006 lasse sich daran auch grundsätzlich „nicht viel ändern“.
Jung plädiert dennoch für die Entwicklung nachhaltiger arbeitsmarktpolitischer Lösungen, die aber „über das reine quantitative Element von Arbeitsgelegenheiten hinausgehen“ und eine „dauerhafte Absenkung“ der Hilfsbedürftigen erreichen müssten. Auch für Jugendliche und junge Volljährige müssten „nachhaltig arbeitssichernde Lösungen“ entwickelt werden.