Leipziger Volkszeitung vom 23. Mai 2006

Schieflage

Von ANDREAS TAPPERT

Die Stadt hat das Kapitel bfb zu früh zugeschlagen. Angesichts der explodierenden Zahlen von Hilfeempfängern rächt sich jetzt bitter, dass Leipzig das Unternehmen zerschlagen hat. Wenn die Entwicklung anhält – und dafür spricht vieles – könnten die hohen Kosten Leipzig bald in den Ruin führen.
Deshalb kann es nur heißen, über neue Beschäftigungsimpulse nachzudenken. Die Erfahrungen mit dem bfb – so bitter sie vielleicht waren – müssen unvoreingenommen analysiert und daraus Schlussfolgerungen gezogen werden. Damit dies möglich ist, müssen die entscheidenen Knackpunkte der bfb-Entwicklung notfalls auch noch einmal aufgerollt werden.
So ist zum Beispiel völlig unverständlich, warum die Stadt die Analysen des Aktenuntersuchungsausschusses im Internet veröffentlicht hat, aber die 50-seitige Erwiderung des ehemaligen Betriebsleiters Matthias von Hermanni zum Tabu-Thema macht. Die dadurch entstandene Schieflage in der öffentlichen Diskussion hemmt die Entwicklung neuer arbeitsmarktpolitischer Instrumente.
Deshalb müssen alle Fakten auf den Tisch und der Maulkorb für von Hermanni weg, um anschließend in Sachen Beschäftigungspolitik neue Nägel mit Köpfen zu machen. Während andere Kommunen sich längst auf eine Kommunalisierung der Arbeitslosen vorbereiten, steht Leipzig ohne eigene Infrastruktur da. So wie es jetzt ist, darf es nicht bleiben. Es ist allemal besser, Arbeitslose zu beschäftigen, als Geld fürs Nichtstun zu zahlen.