Leipziger Volkszeitung vom 04. Juli 2005

Hermanni: "Ohrfeige für den Staatsanwalt"

Leipzig. Jetzt liegt es an Matthias von Hermanni. Das suspendierte Oberhaupt des Leipziger Betriebs für Beschäftigungsförderung (bfb), der einst bis zu 8000 Menschen beschäftigte und mittlerweile zerschlagen wurde, könnte Ende August wieder ein freier Mann sein. "Wir haben einer Einstellung des Verfahrens nach Paragraph 153 des Strafgesetzbuchs zugestimmt", bestätigte gestern ein Sprecher der Leipziger Staatsanwaltschaft.

Die Kosten trägt danach der Staat. Wobei Hermanni zu bedenken gibt, dass das immer nur ein Teil der Kosten sind. Und das scheint auch der Grund zu sein, warum sich der 51-Jährige über sein weiteres Vorgehen noch ausschweigt.

Stimmt er der Verfahrenseinstellung zu und beendet das, wie er sagt, "nervenaufreibende, kräftezehrende und entwürdigende" Verfahren, das vor sechs Jahren mit seiner spektakulären Verhaftung begann? Oder bezahlt er erneut Anwälte, um das Verfahren gegen ihn wiederaufzunehmen, was, wie er glaubt, mit einem sicheren Freispruch endet?

Bis Ende August erwartet das Landgericht Chemnitz eine Antwort. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hatte Anfang des Jahres das 2002 verhängte Urteil gegen Hermanni aufgehoben und den Chemnitzern die Einstellung empfohlen. "Wir sind genau mit dieser Empfehlung auf Staatsanwalt und Verteidigung zugegangen", so ein Sprecher des Landgerichts Chemnitz gestern.

Bereits jetzt sei das Ganze eine "Ohrfeige für die Leipziger Staatsanwaltschaft", sagte Hermanni. Das Landgericht Leipzig hatte den Ex-bfb-Chef in sieben von 74 Anklagepunkten für schuldig befunden, verurteilte ihn zu einer Bewährungsstrafe von 18 Monaten, 40.000 Euro Geldbuße und gemeinnütziger Arbeit. Er soll laut Urteil der Stadt Leipzig mit dem Kauf überteuerter Maschinen einen Schaden von rund 362.000 Euro zugefügt haben.

Der BGH sprach Hermanni indes von sämtlichen Untreuevorwürfen frei, brüskierte obendrein das Leipziger Gericht, dass es nicht richtig gerechnet habe. In zwei weiteren Fällen möglicherweise überteuert erworbener Maschinen sei der Vorsatz des Angeklagten unzulänglich begründet gewesen. Zudem hätte sich auch hier das Leipziger Landgericht zu Ungunsten Hermannis verrechnet. In einem weiteren Fall sollen mit dem Dienst-Lkw privat Steine transportiert worden sein. Schaden: 60 Euro.

Hermanni hatte stets betont, dass das gesamte Verfahren zu einem großen Teil auch politisch bestimmt gewesen sei. Immer mit dem Ziel, den bfb abzuwickeln.
Zu dem Verhalten der Staatsanwaltschaft will er sich noch ausführlich äußern.

Andreas Dunte